
und Leistungsbeweis ab1954 Siege für die Serie
Im Herbst 1945 wurde wieder mit einer Herstellung des PKW Baumuster 321 begonnen. Das Werk machte erste Schritte zum sozialistischen Großbetrieb. Mit der Einleitung des Übergangs zu einer neuen Ordnung im gesellschaftlichen Regime erfolgte die Trennung von der Vergangenheit unter kapitalistischer Herrschaft.
Die Durchsetzung sozialistischer Produktionsverhältnisse in der 1949 gegründeten DDR, die weitere Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft und die Schaffung grundlegender Voraussetzungen für den allmählichen Übergang zum Kommunismus prägten und bestimmen seitdem auch die gesamte Entwicklung des Eisenacher Automobilbaues. Dabei bezeichnen Produktion und Modelle neuzeitlicher Personenkraftwagen, vom IFA F 9 bis zum heutigen WARTBURG 353 W, den Fortschritt sowie maßgebende ökonomische und technische Beiträge im Zuge andauernder Prozesse der Individualmotorisierung.
Eingeordnet in diese Gesamtentwicklung ist ebenfalls, um nun dieses Wort zu verwenden, die „Sportpolitik" des VEB Automobilwerk Eisenach. Das gilt sowohl für den damaligen Verzicht auf weitere Rennbeteiligung mit den AWE-Rennsportwagen als auch für den gleichzeitig gefaßten Entschluß zu verstärkter Teilnahme an internationalen Wettbewerben mit Serienfahrzeugen. Ausschlaggebend für beide Entscheidungen, die in engem Zusammenhang standen und in ihrer Tragweite unvermindert wirksam sind, waren folgende Erkenntnisse und Tatsachen: Eine weitere Beteiligung mit AWE-Rennsportwagen, zwangsläufig neuentwickelt infolge rapider Zuspitzungen in der internationalen Renntechnik, hätte wiederum nur das hohe Niveau in Konstruktion und Einzelanfertigung von Spezialfahrzeugen aufzeigen können; unterblieben jedoch wäre damit eine automobilsportliche Kundgebung vom Leistungsstand des ganzen Betriebskollektivs in der Entwicklung und Produktion serienmäßiger Automobile — zumal ab 1956 bereits eine völlig neue Eisenacher PKW-Typenreihe vom Endmontageband des Werkes lief. Deshalb und im Hinblick zugleich auf unmittelbare Nutzanwendungen für die technische Weiterentwicklung sowie auf Wirksamkeit in der Produktpopularisierung stellte der VEB Automobilwerk Eisenach die Weichen generell in Richtung automobilsportlicher Qualitätsdemonstration direkt mit dem Industrieerzeugnis.
Der Grundstock zum Auf- und Ausbau dieses Sektors wurde schon 1954 gelegt.
1953 hatte der VEB Automobilwerk Eisenach mit seiner wiedererrichteten Fertigungskapazität die Produktion des zuvor in Zwickau in noch verhältnismäßig geringer Stückzahl hergestellten IFA F 9 übernommen. Erstmalig kamen damit aus dem Eisenacher Automobilbau Personenkraftwagen mit Dreizylinder-Zweitaktmotor und Frontantrieb. Wenig später, genau am 21. März 1954, traten Mitarbeiter des damaligen AWE-Rennkollektivs mit drei werkseigenen Serienwagen des Typs IFA F 9 zur Fahrt „100 Kilometer durch die Dresdener Heide" an.
Vier weitere Veranstaltungsteilnahmen mit einem bereits ausgezeichneten Medaillengewinn-Gesamtergebnis (aufgeführt in der Tabelle auf der folgenden Doppelseite) schlossen sich noch im gleichen Jahr an. Auf 1954 also ist die Premiere des Wettbewerbseinsatzes von Serienwagen des VEB Automobilwerk Eisenach und die Bildung der Sportabteilung zurückzuführen.
Effektivität in den Wechselbeziehungen wurde bereits 1955 deutlich. Im Werk wurde der PKW-Typ IFA F 9 aufgewertet. Die Leistungssteigerung von ursprünglich 28 PS auf 34 PS und erhebliche Detailverbesserungen an anderen Baugruppen bestätigten, wie schnell es im VEB Automobilwerk Eisenach gelang, spezifische Probleme des Zweitaktmotor-Frontantrieb-PKW nicht nur zu erkennen, sondern sofort zu beherrschen und neuen Lösungen zuzuführen. Bewiesen wurde das aber auch gegen Konkurrenzfabrikate in harten automobilsportlichen Wettbewerben, beispielsweise bereits zur schwedischen Rallye Mitternachtssonne. Noch aufschlußreicher für Realisierung des ebenso wesentlichen wie richtungsweisenden Grundprinzips, nämlich parallel zur Beweisführung mit dem produzierten PKW-Typ den automobilsportlichen Wettbewerb in die Weiterentwicklung einzubeziehen, war 1955 der AWE-Einsatz zur I. Rallye Wartburg. Im Rahmen abschließender Versuchserprobung starteten sechs Wagen aus der Nullserie des neuentwickelten Baumusters 311 zu dieser Veranstaltung im Thüringer Mitteigebirgsraum und bestanden jene erste Bewährungsprobe vor Anlauf der Serienproduktion dieses neuen Eisenacher Automobiltyps WARTBURG mit einem Ergebnis, das nicht besser hätte sein können, mit 6 Goldmedaillen, dem Klassensieg und dem Mannschaftssieg.
Zehn Jahre später — bei inzwischen weiter erzielten Rallye-Erfolgen, beträchtlichen Verbesserungen des 311, und als der Serienanlauf des WARTBURG 353 in Sicht kam — gab es interessante Ausführungen zu Form und Inhalt des AWE-Sporteinsatzes. In einem Interview-Gespräch „am runden Tisch"äußerten sich der Leiter der Sportabteilung, der Vertriebsleiter, der Werbeleiter, der Versuchsleiter und der Leiter der Hauptabteilung Forschung und Entwicklung, der die Sportabteilung nach wie vor angegliedert ist. Zitate: „Die gesamte Rallyebeteiligung lieferte überzeugende Werbeargumente für den WARTBURG."„Beispielsweise hat die ständige Beteiligung an der schweren Rallye der 1000 Seen stark zu unserem Export nach Finnland beigetragen."„Aber wir müssen uns auf bestimmte, meist allerdings här-teste Rallyes beschränken,
deren Ergebnisse dann ausstrahlen."„Auch durch das organisatorische Verhältnis in der innerbetrieblichen Arbeit wird hoher technischer Wirkungsgrad abgesichert."„Ein regelrechter Kreislauf."„Ja, Rallyes sind sehr realitätsbezogener Automobilsport, weil sie das Auto so zeigen, wie es serienmäßig für den Alltagsgebrauch hergestellt wird."„Das ist Automobilsport sozusagen mit offenen Karten." Und im Frühjahr 1975 begann der VEB Automobilwerk Eisenach die Produktion des WARTBURG 353 W. Zum Rallye-Einsatz dieses jüngsten Eisenacher Automobiltyps formulierte der Betriebsdirektor entsprechende Standpunkte des Werkes so: „Im unerbittlichen Wettbewerb werden die Rallye-Wagen Belastungen und Prüfungen ausgesetzt, die im normalen Versuchsbetrieb und Straßenverkehr nie auftreten. Genau daher wird das Fabrikat, das sich unter diesen extremen Bedingungen bewährt und durchsetzt, auch für den Kunden im täglichen Fahrbetrieb sicher und zuverlässig sein."
Diese Feststellungen sind treffend wie eh und je, sie besitzen Gültigkeit für das ganze jetzt zurückliegende Vierteljahrhundert voller Aktivitäten der Sportabteilung des VEB Automobilwerk Eisenach bei der ständigen Perfektionierung und internationalen Anerkennung der WARTBURG-Personenkraftwagen.
Titelbild: Der Wettbewerbseinsatz serienmäßig vom VEB Automobilwerk Eisenach produzierter Frontantrieb-PKW begann mit dem IFA F 9, hier im Slalom-Start zu einer Rallye, ...
Bild 1: .. und bereits bald zeugten Plaketten von erfolgreicher Teilnahme an derartigen internationalen Gebrauchswagenprüfungen
Bilder 2 und 3: Zur Minute genau pünktliches Eintreffen an den Zeitkontrollen auf der Langstrecke und Maximaltempo in den Sprintprüfungen sind entscheidend für den Erfolg bei jeder Rallye. Schon die Einsätze des Baumusters 311, darunter auch des Coupé-Modells dieser Typenreihe, die ab 1962 mit 1000-cm³-Motor bestückt wurde, demonstrierten Zuverlässigkeit, sichere Fahreigenschaften und hohes Leistungsvermögen der WARTBURG-Serienwagen. Mehr und mehr Erfolgssymbole sammelten sich an.
Bilder 4, 5 und 6: Fortgesetzt wurde der Nachweis ausgezeichneter Gebrauchswertqualitäten mit dem WARTBURG 353 und 353 W bei schweren internationalen Rallyes, darunter der britischen RAC-Rallye, mehrmals auch zur Rallye Monte Carlo und in der Rallye Akropolis, einem der zur Zeit strapazösesten Tourenwagen-Wettbewerbe.